Hochwassereinsatz in Wörlitz und Wittenberg

Am Sonntag den 17.08.2002 gegen 22 Uhr bekam der THW OV-Fritzlar den Einsatzbefehl. In kürzester Zeit wurde Einsatzbereitschaft hergestellt. Mensch und Material wurden einsatzbereit gemacht. Das Aufwendigste war die Einsatzbereitschaft des Materials, da sich das THW zu diesem Zeitpunkt auf drei Stützpunkten in Fritzlar aufteilte. Die Fahrzeuge waren schön in den neuen Garagen, welche zu diesem Zeitpunkt noch eine Baustelle waren ohne Licht. Dieses erleichterte es nicht die Fahrzeuge für den Einsatz schnellstmöglich startklar zu machen.

Die letzten Helfer trafen gleichzeitig mit den einsatzbereiten Fahrzeugen an unserer behelfsmäßigen Unterkunft ein. Es wurde noch bei einem befreundetem Metzger ein teil Verpflegung eingepackt ehe es auf die Autobahn, zum Treffpunkt mit zwei andren Ortsverbänden Bad-Hersfeld und Hofgeismar am Kasslerautohof ging. Der letzte Ortsverband, der hier nicht genannt werden möchte traf mit etwas Verspätung ein. Pünktlich um 23:30 Uhr brach sich die Kolonne, 29 Helfer, mit Blaulicht in Richtung Ost-Deutschland auf. Gegen 5 Uhr erreichten wir nach kurzem Tank und Kaffeepause unseren ersten Sammelpunkt.

Dort nahmen wir in kürzester Zeit ein Frühstück zu uns ehe wir in Richtung Wörlitz aufbrachen. Gegen 7:30 Uhr erreichte die Kolonne den zweiten Sammelpunkt vor den Toren von Wörlitz. Das an der Elbe zwischen Wittenberg und Dessau gelegene Areal umfasst eine Fläche von 145 km² mit Seen, Kanälen, dem Schloss, Tempeln, Häusern und Brücken. Seit November 2000 gehört das Gartenreich Dessau-Wörlitz zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es wird jährlich von rund 900 000 Menschen besucht.

Es dauerte keine 10 Minuten bevor uns der erste Einsatzbefehl erreichte. Unser Gruppenführer der Infrastruktur und zwei weitere Helfer des OV-Hofgeismar machten sich sofort auf den Weg in Richtung Wittenberg. Wittenberg liegt ca. 20 Kilometer Landstraße von Wörlitz entfernt. Doch zu diesem Zeitpunkt war die Landstraße schon nicht mehr befahrbar, das Hochwasser hatte mittlerweile Wittenberg und Wörlitz mit einem riesigen See verbunden. Es blieb nur noch der längere weg über die Autobahn, ca. 80 Kilometer. Der LKW musste sich nun über die Autobahn durch Baustellen und Staus kämpfen. Selbst ein Blaulicht hilft nicht wirklich viel bei einem Stau in einer Baustelle.

Kurze Zeit später hatten auch die übriggebliebenen Helfer des THW in Wörlitz ihren ersten Einsatzbefehl erhalten. Die restlichen THW-Helfer begaben sich unter Leitung des Zugführers an den Deich, der das Weltkulturerbe "Wörlitzer-Park" schützen soll. Nach stundenlangem Sandsack-Stapeln wurden die beiden am Vormittag getrennten Gruppen gegen 19 Uhr wieder zusammengeführt. Die beiden Gruppen hatten sich jetzt den Schlaf redlich verdient. Teilweise waren die Helfer schon weit mehr als 36 Stunden auf den Beinen. Umsogrösser war die Freude der Mannschaft als sie erfahren hatten, dass das Hotel "Wörlitzerhof" uns zum Schlafen eingeladen hatte.

Einschub:

"Wir möchten uns noch mal bei den Besitzern des Wörlitzerhofes bedanken, da sie uns fast für eine Woche bei sich untergebracht und sehr gut verpflegt haben."

Als wir die Zimmer bezogen hatten, legten sich die meisten sofort ins Bett. Einige Hartgesottene tranken noch das ein oder andere Bier vor dem Schlafen. Kaum die Augen zu und schon kam der nächste Einsatz ca. 21:30 Uhr. Der einige Stunden zuvor verstärkte Deich musste ausgeleuchtet werden, da Zweifel an der Haltbarkeit des Deiches bestand. Der Wasserstand stieg von Stunde zu Stunde. Da wir das Grundwasser schon verhältnismäßig schnell anstieg, überlegte man sich nicht lieber auf dem LKW zu nächtigen. Für alle Eventualitäten wurde kurz noch getestet, ob man den Lichtmast durch einfaches Öffnen der Ölventile in kürzester Zeit einfahren kann.

Auch die nächsten Abende und Nächte verbrachten wir in freier Natur. Gruppen die tagsüber arbeiteten, hatten mit der Hitze und wir hatten in den kalten Nächten mit Ungeziefer zu kämpfen, welche von unseren großen Scheinwerfern angelockt worden .

Hätten sich diese Wassermassen nicht in die Seen der Goitzsche ergossen, hätten Dessau und das Weltkulturerbe Wörlitzer Gartenreich nicht gehalten werden können.

Die Deichläufer gehen wie in den letzten Tagen den Deich, Sandsackwälle ab. Zahlreiche Helfer finden endlich die Zeit sich ihre Arbeit anzusehen oder die ersten wirklichen Sommertage im August zu genießen.

An ein Abrücken oder die Verlegung an andere Einsatzstellen ist bei dem derzeitigen Pegel nicht zu denken. Es besteht weiterhin die Gefahr eines Deichbruches in der Nähe der Stadt. Denn die Stadt liegt, topografisch gesehen, tiefer als der Wasserstand.

Im Tag- und Nachteinsatz erhörten wir und Anwohner die Deiche, die wir nachts großflächig ausgeleuchtet hatten. In der zentralen Sandsackfüllstation bewegten THW-Radlader und Trecker mit Schaufelvorrichtung riesige Sandmengen zu den tagsüber bis zu 400 und nachts rund 200 Helfern von Feuerwehr, THW und zivilen Hilfskräften. In 12-Stunden-Schichten konnten hier jeweils bis zu 40 000 Sandsäcke gefüllt werden.

Als wir in einer Nacht durch plötzliches Steigen des Wassers unseren UNIMOG zurücklassen mussten, bemerkten wir erst richtig wie ernst die Lage war. Unser Kraftfahrer konnte noch in letzter Minute vom Dach der Fahrzeugs durch das DLRG gerettet werden.

Unser UNIMOG ist ausreichend nass geworden, durch ein Wunder ist der Technik nichts passiert. Wir konnten ihn nach einigen Handgriffen wieder zum Leben erwecken.

Nach einigen Meinungsdifferenzen durch diesen Zwischenfall, welcher auf das Verschulden der Einsatzleitung zurückzuführen war, wurden wir nach Wittenberg versetzt.

In Wittenberg war die Lage nicht ganz so angespannt wie die in Wörlitz, aber auch hier gab es einiges zu tun. Schon kurz nach unserer Ankunft in Wittenberg bezogen wir unsere neue Schlafstelle, eine Sporthalle, in der wir mit mehreren hundert Helfern untergebracht waren. Das Essen hier war auch nicht mit dem aus dem Hotel zu vergleichen.

Umso mehr freuten wir uns auf die Nachhause fahrt am 24.08.2002

Nach einer sehr kurzen Pause auf der Autobahn setzte sich die Kolonne wieder in Richtung Fritzlar in Bewegung. Jeder der Helfer freute sich auf sein wohlverdientes Bett.

Schlusswort:

Alles in allem war es ein gelungener Einsatz, alle die mit gefahren sind sind jetzt eine noch stärke zusammen gewachsenen Gruppe geworden. Somit ist die Stärke der Gruppe um ein vielfaches gewachsen. Das war der bislang größte Einsatz des THW OV-Fritzlar. Dafür ,dass wir nicht viele Einsätze haben und unser Wissen nur aus Lehrgängen und einigen Mehrtagsübungen beziehen, ist die Gruppe sehr zielstrebig vorgegangen und hat alle ihre Einsatzbefehle mit Erfolg erledigen können.


Alle zur Verfügung gestellten Bilder sind honorarfrei und dürfen unter Angabe der Quelle für die Berichterstattung über das THW und das Thema Bevölkerungsschutz verwendet werden. Alle Rechte am Bild liegen beim THW. Anders gekennzeichnete Bilder fallen nicht unter diese Regelung.




Suche

Suchen Sie hier nach einer aktuellen Mitteilung: